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Valier RAK BOB 1
Der Raketenpionier Max Valier in Oberschleißheim
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Am 22. Januar 1929 führte Max Valier auf dem schneebedeckten Flugplatz Schleißheim die weltweit
ersten Versuchsfahrten mit einem Raketenschlitten durch: Die erste Fahrt erfolgte unbemannt, angetrieben von
acht 50 mm-Eisfeld-Pulverraketen mit je 11,8 kN Schubkraft erreichte RAK BOB 1 eine Geschwindigkeit von
110 km/h und legte eine Strecke von 130 m zurück. Für den zweiten Start mit Valier im Führersitz
standen nur noch zwei der teueren Raketen zur Verfügung, im nassen Schnee fuhr der Schlitten knapp 40 m
weit, die errechnete Spitzengeschwindigkeit betrug 35 km/h.
RAK BOB 1, nach Valiers Plänen von der Münchner Karosseriefabrik Kogel gebaut, konnte mit bis zu
20 Pulverraketen ausgerüstet werden, angeordnet in fünf abgestuft übereinander liegenden
Batterien. Der Rumpf, eine mit Blech beplankte Eschenholzkonstruktion, war 6 m lang und nur 40 cm breit, die
eiden Kufen maßen 220 x 15 cm, das Leergewicht betrug 11,8 kN. Finanziert hat Valier auch dieses Projekt
selbst, und obwohl er Unterstützung von Freunden aus München erhielt, waren die Mittel knapp - die
ursprüngliche Konstruktion musste vereinfacht werden, die Fertigungskosten des Schlittens beliefen sich
schließlich auf rund 600 Reichsmark.
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RAK BOB I, Max Valier, 1929
Bausatz: Eigenbau, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Peter Horstmann.
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Seinen ersten öffentlichen Auftritt absolvierte RAK BOB 1 am 3. Februar 1929: Um für den
Raketengedanken zu werben hatte Valier angeboten, den nach den ersten Tests leicht modifizierten Schlitten
als Hauptattraktion auf dem Wintersportfest des Bayerischen Automobil-Clubs vorzuführen. Am Nachmittag
begannen vor mehreren Tausend Zuschauern, die trotz klirrender Kälte an den zugefrorenen Eibsee gekommen
waren, die Startvorbereitungen. Schon die erste Fahrt war eine Sensation - Valiers Ehefrau Hedwig nahm im
Cockpit Platz, die erste Dame, die sich einem raketengetriebenen Fahrzeug anvertraute, gedacht auch als
Demonstration der Sicherheit des Raketenantriebs. Von sechs paarweise im Zweisekundenabstand gezündeten
Raketen auf 45 km/h beschleunigt legte RAK BOB 1 eine Strecke von rund 100 m zurück. Anschließend
startete Max Valier mit dem nun mit zwölf Raketen bestückten Schlitten zu einer zweiten Fahrt.
Die ersten Raketen zündeten, RAK BOB 1 erreichte eine Geschwindigkeit von fast 100 km/h, doch dann
platzte eine der Raketen, beschädigte die übrigen Batterien, der Schlitten wurde langsamer und
kam schließlich sicher zum Stehen.
Eine geplante dritte Fahrt mit einer vollen Raketenladung musste daraufhin verschoben werden, sie fand
am 9. Februar 1929 im Rahmen des Eisfests auf dem zugefrorenen Starnberger See vor dem UNDOSA-Bad statt.
Die Tage dazwischen hatte Valier dazu genutzt, seinen Entwurf noch einmal zu überarbeiten und weiter zu
verbessern - aus RAK BOB 1 war RAK BOB 2 geworden. Gegen 16 Uhr ging der unbemannte Schlitten vor rund 3000
begeisterten Zuschauern an den Start. Alle 18 Raketen zündeten wie geplant und beschleunigten RAK BOB 2 auf
eine errechnete Höchstgeschwindigkeit von knapp 400 km/h. Im Auslauf kam der Schlitten jedoch von seiner
vorgesehenen Bahn ab, schlug eine Rechtskurve ein und rammte einen Bootssteg am Ufer, wobei der Bug schwer
beschädigt wurde.
Wieder einmal waren es fehlende finanzielle Mittel, die Valier dann zwangen, dieses Projekt abzubrechen und
Pläne für den Bau eines schnelleren Schlittens aufzugeben. RAK BOB 2 ging später an das
Deutsche Museum, wo er heute restauriert in der Raumfahrtabteilung steht und zusammen mit dem Valier-Heylandt
Rückstoss-Versuchswagen Rak.7 an das Wirken des frühen Raketenpioniers erinnert.
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Sein Lebenslauf
Max Valier wurde am 9. Februar 1895 in Bozen als Sohn des Konditormeisters Edmund Valier und seiner Frau
Olga geboren. Max` Großvater Gotthardt Valier stammte aus der Nähe von Pfronten im Allgäu
und hatte sich in den 1860er Jahren als Bäckermeister in Bozen niedergelassen.
Während seiner Schulzeit am Franziskaner-Gymnasium erwachte Max` Interesse an der Astronomie und am
Schreiben, bereits als Fünfzehnjähriger veröffentlichte er erste Zeitungsartikel über
astronomische Themen, unter anderem in der von ihm gegründeten Schülerzeitschrift "Mentor". Nach
erfolgreich abgelegter Reifeprüfung begann Valier im Oktober 1913 ein Studium an der Universität
Innsbruck, er belegte Astronomie, Mathematik, Physik und Meteorologie.
Im März 1915 zum Kriegsdienst einberufen rückte Valier als Student als Offiziersanwärter ein
und diente anfangs als Infanterist. Im Frühjahr 1917 war er als Wetterbeobachter im Gaskampf bei einer
deutschen Feldwetterstation an der Ostfront stationiert, wenige Wochen später erfolgte die Versetzung
zur k.u.k. Luftfahrtruppe und der Einsatz als Wetterbeobachter an der österreichisch-rumänischen
Front. Zum Leutnant befördert wurde Valier dann im Herbst 1917 auf den Flugplatz Aspern bei Wien
abkommandiert, wo er nach kurzer technischer Ausbildung als Flugbeobachter bei Versuchs- und Abnahmeflügen
Dienst tat. Bei einem Flugzeugabsturz am 27. September 1918 verletzt erlebte er das Kriegsende auf
Rekonvaleszenzurlaub in Wien.
Im April 1921 heirate Max Valier Hedwig Bucek, einige Monate später zog die Familie nach München.
Valier setzte sein Studium fort, den Lebensunterhalt verdiente er mit Vorträgen und schriftstellerischer
Tätigkeit, als Verfasser technisch-utopischer Geschichten und Wissenschaftsautor - er verstand es, auch
komplexe Themen aus Wissenschaft und Technik in allgemein verständlicher Form darzustellen.
Anfang 1924 stieß Valier in einer Münchner Buchhandlung auf Hermann Oberths Doktorarbeit
"Die Rakete zu den Planetenräumen". Diese streng wissenschaftliche Abhandlung über Raketentechnik
und die Durchführbarkeit von Raumflügen begeisterte Valier und bestärkte sein Interesse an
einer Thematik, die ihn von nun an nicht mehr loslassen und sein Leben bestimmen sollte. Valier wurde zu
einem namhaften Vorkämpfer der Raketentechnik und des Raumfahrtgedankens, er sah Menschen mit Raketen
in den Weltraum fliegen und auf diese Weise viele Rätsel der Astronomie lösen. Unermüdlich
warb der Raketenpionier für diese Sache, er wollte sie durch Vorträge, Zeitungsartikel,
Zeitschriftenbeiträge, Broschüren und Bücher popularisieren und die Raketenbegeisterung
fördern, er wirkte als Mittler zwischen Spezialisten und breitem Publikum und bemühte sich,
Sponsoren für weitere Versuche zu finden - die theoretischen Grundlagen des Raumflugs waren
grundsätzlich vorhanden, die Umsetzung hing von der Lösung einer ganzen Reihe technischer Fragen
durch praktische Versuchsarbeit ab. Bereits im Herbst 1924 erschien Valiers Buch "Der Vorstoß in den
Weltenraum", eine gemeinverständliche Einführung in die Ideen der Raumfahrt, die nicht zuletzt
Oberths Werk dem breiten Publikum näher bringen sollte und zahlreiche Leser fand - bis 1930 folgten
fünf weitere aktualisierte Auflagen. Bildlich umgesetzt wurden Valiers Konzepte und Visionen oftmals
durch die Zwillingsbrüder Hans und Botho von Römer, technische Fachschriftsteller und
Pressezeichner, mit denen er ab 1926 eng zusammenarbeitete. Und natürlich gehörte Valier auch zu
den Vorstandsmitgliedern des Vereins für Raumschiffahrt e.V. (VfR), einem Treffpunkt von
Raketentechnikern und Enthusiasten, gegründet am 5. Juli 1927 in Breslau.
Im Gegensatz zu Oberth sah Valier den Weg zur Weltraumrakete und zur Raumfahrt als eine Entwicklung in
mehreren Schritten: Dem wissenschaftlichen Studium der bereits bekannten Raketentypen und der
planmäßigen Verbesserung des Wirkungsgrads der Feststoffraketen sollten Versuche mit
raketengetriebenen Bodenfahrzeugen folgen, unbemannt und bemannt, die auch als spektakuläre Werbung
für die Raketentechnik dienen und Förderer mobilisieren sollten - Valier arbeitete ohne
Unterstützung durch staatliche Stellen, finanzielle Mittel waren stets knapp. Als nächste Etappe
sollten Raketen als Zusatzantrieb in Propellerflugzeugen erprobt werden, Valier dachte hier vor allem an
die Junkers G 24, dann sollte der Bau immer schneller und höher fliegender, schließlich bis an
den Rand der Erdatmosphäre vordringender Raketenflugzeuge mit Flüssigkeitstriebwerken erfolgen.
Auf dieser Stufe sollte der Raketenantrieb nun auch über den reinen Versuchscharakter hinaus
wirtschaftlich nutzbar und damit für die Industrie interessant werden: Große
Raketen-Stratosphärenflugzeuge mit hoher Geschwindigkeit und interkontinentaler Reichweite sollten
den Passagierluftverkehr revolutionieren und rentabel machen. Als letzter Schritt war dann der Übergang
vom Flugzeug zum flügellosen, von einer Rampe startenden Raketenweltraumschiff vorgesehen.
Einen Finanzier für die Verwirklichung dieser Pläne zu finden erwies sich allerdings als schwierig.
Valier wandte sich an zahlreiche Unternehmen und Verbände, aber erst Ende 1927 konnte er nach vielen
Enttäuschungen mit dem Automobilindustriellen, Sportsmann und Rennfahrer Fritz von Opel einen
finanzkräftigen Förderer gewinnen. In Zusammenarbeit mit dem "schnellen Fritz", der in
dem Projekt einen immensen Werbeeffekt für Opel sah, entstand eine Reihe von Versuchsfahrzeugen,
angetrieben von Pulverraketen, die Friedrich Wilhelm Sander lieferte, Inhaber einer Fabrik für
Signal- und Rettungsraketen aus Wesermünde. Nachdem die geeigneten Raketentypen durch systematische
Testreihen in einem von Valier entwickelten Prüfstand zur Messung der Schubkraft ermittelt worden
waren wurde in der Opel-Versuchsabteilung ein Opel 4/12 PS in einen provisorischen Versuchswagen umgebaut,
bestückt mit zwei auf einem Holzgestell am Heck montierten, durch Zündschnüre gezündete
Raketen. Mit diesem Wagen gelang dem ehemaligen Piloten und Opel-Versuchsfahrer Kurt Carl Volkhart am
12. März 1928 in Rüsselsheim die weltweit erste Raketenfahrt, in 35 Sekunden legte er rund 150 m
zurück. Knapp vier Wochen später, am 11. April 1928, fanden dann die ersten Testfahrten des
Raketenautos RAK 1 statt, und schon am nächsten Tag gab der Wagen auf der Opel-Bahn vor einem
Fachpublikum und Pressevertretern sein Debüt: Angetrieben von zwölf 90 mm-Raketen erreichte
RAK 1 bei der ersten öffentlichen Demonstration eines Raketenfahrzeugs eine Geschwindigkeit von rund
125 km/h, am Steuer saß wiederum Volkhart. Die Resonanz in der Öffentlichkeit war groß,
und Opel kündigte an, er wolle in nächster Zeit nicht nur ein schnelleres Raketenauto und ein
Raketenmotorrad bauen, sondern auch ein raketengetriebenes Schienenfahrzeug für den Angriff auf den
Geschwindigkeitsweltrekord und ein Raketenflugzeug. Trotz der Enttäuschung, wieder nicht im Cockpit
sitzen zu dürfen stand Valier an der Strecke, als Fritz von Opel am 23. Mai 1928 mit dem neuen
Raketenwagen RAK 2 auf der Berliner Avus zur ersten und einzigen öffentlichen Fahrt startete, aufgrund
wachsender Meinungsverschiedenheiten und persönlicher Differenzen ging seine Zusammenarbeit mit dem
Automobilindustriellen jedoch bald darauf zu Ende. In Fachkreisen stießen die öffentlichen
Demonstrationen nicht auf ungeteilte Zustimmung, einige Raketentechniker und -enthusiasten kritisierten
sie als billige, sensationslüsterne, der Sache eher abträgliche Reklametricks ohne
wissenschaftlichen Wert.
Zur Überzeugung gekommen, dass Straßenfahrzeuge nicht zum Erreichen höherer Geschwindigkeiten
geeignet sind setzte auch Valier seine Versuche mit unbemannten raketengetriebenen Schienenwagen fort. Einen
neuen Raketenlieferanten und Finanzier fand er im Hauptinhaber der Firma J.F. Eisfeld Pulver- und
pyrotechnische Fabriken aus Silberhütte-Anhalt, Werner Meyer-Hellige. Verschiedene Fahrzeugkonfigurationen
wurden auf dem Werksgelände erprobt, und im Juli 1928 konnten auf einem Streckenabschnitt der Harzbahn
bei Friedrichshöhe erste öffentliche Versuchsfahrten mit dem von zwölf Raketen angetriebenen
Eisfeld-Valier RAK 1 stattfinden. Am 26. Juli 1928 erzielte er eine Geschwindigkeit von 210 km/h, doch bei
der nächsten Fahrt sprang der leichte Wagen aus den Schienen und ging zu Bruch. Der Nachfolger RAK 2 war
im September 1928 fahrbereit, über das weitere Vorgehen kam es dann allerdings zu Meinungsverschiedenheiten,
die schließlich zur Beendigung der Zusammenarbeit von Valier und der Firma Eisfeld führten: Die
Werksleitung hatte durchgesetzt, dass RAK 2 für eine öffentliche Vorführung am 3. Oktober 1928
mit 36 der neuen Kupferhülsraketen ausgerüstet wird, die Speichenräder hielten den Belastungen
der hohen Beschleunigung jedoch nicht stand und brachen kurz nach dem Start, der Wagen wurde zerstört.
Valier beschloss, die Arbeit vorerst auf eigene Kosten fortzuführen, finanziert durch Vorträge und
Publikationen. Da der Winter vor der Tür stand und Radfahrzeuge bei hoher Beschleunigung und hohen
Geschwindigkeiten Schwächen gezeigt hatte wandte er sich dem Raketenschlitten zu. Die erfolgreichen Fahrten
von RAK BOB 1 und RAK BOB 2 im Winter 1928/29, die großes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hatten,
bestärkten Valier in seinem Vorgehen, nun sah er den Zeitpunkt für den nächsten Schritt gekommen,
den Schritt zum Flugzeug mit Raketenantrieb.
Bereits im März 1928 hatten Valier und Sander Kontakt mit dem Konstrukteur Alexander Lippisch und dem
Piloten Fritz Stamer von der Rhön-Rossitten-Gesellschaft (RRG) aufgenommen und die Möglichkeiten der
Konstruktion raketengetriebener Flugzeuge besprochen. Vor der Umsetzung dieses Vorhabens trennten sich Valier
und Opel jedoch, jeder ging seine eigenen Wege: Nach kurzer fruchtloser Zusammenarbeit mit Raab-Katzenstein,
die in einem Rechtsstreit endete, ließ Opel von Lippisch, dem Leiter der Abteilung Flugtechnik des
RRG-Forschungsinstituts, ein schwanzloses, mit zwei Sander-Feststoffraketen bestücktes Segelflugzeug bauen,
die Ente, mit dem Stamer am 11. Juni 1928 auf der Wasserkuppe der weltweit erste bemannte Raketenflug
glückte. Presseberichte über diesen Erfolg zeigten Valier, dass seine Ideen vom raketengetriebenen
Flug grundsätzlich richtig waren. Ende Oktober 1928 reiste er in die Rhön, um mit einem von Lippisch
konstruierten, mit Eisfeld-Raketen ausgerüsteten Modellflugzeug vom Typ Storch Flugversuche
durchzuführen. Im Unterschied zu Opel gelangte Valier zu der Überzeugung, dass eine konventionelle
Konfiguration mit besonders langem Rumpf für ein Raketenflugzeug am besten geeignet sei. Verwirklichen
wollte er seine Pläne zusammen mit Gottlob Espenlaub, der in Düsseldorf-Lohausen ein kleines
Flugzeugwerk betrieb. Vorversuche mit einer provisorisch umgerüsteten Espenlaub EA 1, nun Valier-Espenlaub
RAK 3 genannt, fanden Anfang Juli 1929 statt: Auf dem Tragflächenmittelteil des am Boden verankerten
Hochdeckers wurden zwei Pulverraketen angebracht, um zu testen, ob der Hauptholm den Raketenschub aufzunehmen
vermag und ob das Leitwerk durch den Abgasstrahl beschädigt werden könnte. Für eine Fortsetzung
der Arbeiten und den Bau seines geplanten Raketenschnellflugzeugs fehlte Valier dann allerdings wieder einmal
das Geld. Espenlaub beschloß, alleine weiterzumachen, und am 22. Oktober 1929 gelang ihm ein erster Flug:
Ein Schleppflugzeug brachte die modifizierte, mit zwei Sander-Raketen ausgerüstete Maschine auf Höhe,
dann folgte ein, nach damaliger Definition, durch Raketen unterstützter Gleitflug. Beim zweiten Flug
explodierte eine der Raketen, das Flugzeug geriet in Brand, Espenlaub musste in 30 m Höhe abspringen und
zog sich schwere Verletzungen zu.
Parallel zu seinen Raketenflugversuchen hatte Valier mit der Entwicklung eines Flüssigkeitstriebwerks
begonnen, denn, wie schon die Berechnungen Oberths gezeigt hatten, nur ein Raketenmotor mit flüssigem
Treibstoff konnte über eine längere Brenndauer konstant eine hohe Schubkraft liefern. Zur gleichen
Zeit arbeiteten in Deutschland auch andere Raketentechniker am Flüssigkeitsraketenmotor, und in den USA
war Robert H. Goddard im März 1926 der erste Start einer kleinen Flüssigkeitsrakete gelungen. Als
Vorstufe und zu Demonstrationszwecken ließ Valier bei der Firma Möllers aus Essen zunächst
einen Rückstoss-Versuchs-Wagen bauen, RAK 4, angetrieben von einem Kohlensäure-Dampfstrahlrückstoßmotor,
der das leichte Fahrzeug auf bis zu 90 km/h beschleunigte. Die erste Versuchsfahrt mit Valier am Steuer fand
am 28. September 1929 statt, in den nächsten Monaten folgten öffentliche Vorführungen in Essen,
Gelsenkirchen und auf der Berliner Avus.
In Berlin fand Valier dann auch wieder einen Förderer, der den Übergang zur nächsten Etappe
ermöglichte, die Verwirklichung eines Flüssigkeitsraketentriebwerks: Dr. Paul Heylandt, Besitzer der
Gesellschaft für Industriegasverwertung, stellte ihm finanzielle Mittel und Räumlichkeiten in seinem
Werk in Berlin-Britz zu Verfügung, die Ingenieure Walter Riedel und Arthur Rudolph sollten die Arbeit
unterstützen. Anfang Januar 1930 liefen die Versuche mit einfachen Brennkammern an, betrieben mit
flüssigem Sauerstoff und verdünntem Spiritus, und schon im März 1930 konnte eine Schubkraft
von 78,5 N erreicht werden - genug, um den Versuchswagen RAK 6, in den das Triebwerk Modell 1 am
22. März 1930 provisorisch eingebaut worden war, in Bewegung zu setzen. Schnell erzielte man weitere
Fortschritte, bereits Mitte April 1930 lieferte der Raketenmotor einen Schub von 274,7 N über eine
Brenndauer von 10 Minuten. RAK 6 wurde nun mit dem neuen Triebwerk zum Valier-Heylandt Rückstoss-Versuchswagen
Rak.7 umgerüstet und auf dem Firmengelände sowie auf dem Flughafen Tempelhof mehrmals öffentlich
vorgeführt. Nach den erfolgreichen Fahrten erklärte Valier den Pressevertretern, dieses
Raketentriebwerk sei kein neuartiger Fahrzeugantrieb, sondern ein kleiner Anfang eines Motors für ein
Stratosphären-Schnellverkehrsflugzeug.
Auf einer Vortragsreise in die Schweiz hatte Valier im Februar 1930 Sir Henry Deterding kennen gelernt, den
Generaldirektor der finanzstarken Royal Dutch Shell Company, der Unterstützung für die
Weiterentwicklung des Flüssigkeitsraketenmotors und den Bau eines Raketenflugzeugs in Aussicht stellte,
wenn als Brennstoff Shell-Öl genutzt wird. Ende April 1930 begann Valier, die Verwendung von Öl zu
untersuchen und einen Raketenofen für das neue Treibstoffgemisch zu konstruieren, doch am Abend des
17. Mai 1930 kam es zu einem folgenschweren Unfall: Während eines Testlaufs im Labor explodierte eine
Brennkammer, ein Splitter verletzte Valier tödlich - das erste Todesopfer der Raumfahrttechnik.
Valiers Forschungsergebnisse gelangten später in den Besitz der Reichswehr, seine Berliner Mitarbeiter
Riedel und Rudolph schlossen sich 1932 der Arbeitsgruppe um Wernher von Braun an. Max Valier und seine 1959
verstorbene Frau Hedwig sind auf dem Münchner Westfriedhof beigesetzt, die Landeshauptstadt ehrte den
Raketenpionier 1966 durch die Benennung einer Straße.
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