Bayerische - Flugzeug - Historiker e.V. - 70 Jahre Jetflug

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Bayerische Flugzeug Historiker e.V.

  

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Deutsche Raketenflugzeuge bis 1945

 

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts grassierte das Raketenfieber in Deutschland. U.a. angeregt durch die Arbeiten Hermann Oberths wollte man das Thema Raketen für die Raumfahrt erforschen. Als Zwischenstufen wurden Raketen als Antrieb für alles mögliche verwendet. Es gab Postraketen, Autos mit Raketenantrieb - und eben auch Flugzeuge.
Das erste Flugzeug mit Raketenantrieb war ein Segelflugzeug RRG "Ente", das mit zwei Feststoffraketen ausgerüstet worden war. Die Schubleistung variierte zwischen 118 N und 196 N, die Brenndauer betrug 30 Sekunden. Die Raketen waren im Heck montiert und konnten vom Piloten nacheinander elektrisch gezündet werden. Am 11. Juni 1928 führte Fritz Stamer auf der Wasserkuppe insgesamt drei Flüge durch. Nach Seilstart mit Raketenunterstützung wurde die zweite Rakete dann im Flug gezündet. Beim dritten Flug explodierte eine der Raketen nach kurzer Brenndauer und setzte das Flugzeug in Brand. Stamer gelang es jedoch zu landen und das Feuer zu löschen.
Am 30. September 1929 brachte Fritz von Opel in Frankfurt-Rebstock den raketenbetriebenen Gleiter Opel-Sander RAK.I (manchmal auch nach dem Erbauer des Flugzeugs als Opel-Hatry I bezeichnet) erstmals in die Luft. Als Antrieb dienten elf Pulverraketen von je 245 N Schub. Das Flugzeug wurde später auf stärkere Raketen umgerüstet. Der nunmehr höheren Belastung war die Zelle aber nicht gewachsen und ging zu Bruch.
Im Frühjahr 1930 führte Gottlob Espenlaub in Bremerhaven Versuchsflüge mit seinem schwanzlosen Flugzeug Espenlaub E-15 durch. Als Antrieb kamen 1,77 kN - Raketen kurzer Brenndauer für den Start und 195 N - Raketen langer Brenndauer für den Marschflug zum Einsatz. Beim zweiten Flug ging die Maschine allerdings infolge Pilotenfehlers zu Bruch.
Bei allen diesen Versuchen kamen Feststoffraketen der Firma Sander zum Einsatz, die als Hersteller von Seenotraketen über entsprechende Erfahrungen verfügte. Feststoffraketen sind einfach zu handhaben, bieten jedoch auch einige Nachteile. Einmal gezündet, lassen sie sich nicht mehr beeinflussen. Für Flugzeugantriebe konzentrierte man sich daher später auf Flüssigkeitsraketen, deren Schub sich regeln läßt.
Wernher von Braun ließ 1935 eine Junkers A50 "Junior" mit seinem Aggregat A1 als Zusatztriebwerk ausrüsten. Es wurden allerdings nur Bodenläufe durchgeführt, da die Zelle des Leichtflugzeugs den 2,9 kN Schub des Antriebs wohl nicht gewachsen war.
Das Braunsche Triebwerk wurde daraufhin im Heck einer Heinkel He 112 installiert. Die nun als He 112R bezeichnete Maschine flog im April 1937 in Neuhardenberg zum ersten Mal mit Raketenantrieb. Erich Warsitz startete das Flugzeug konventionell mit dem Kolbenmotor und schaltete die Rakete im Flug zu. Im Juni 1937 erfolgte der erste Flug nur mit dem Raketenantrieb. Eine weitere He 112R flog am 13.November 1937 mit einem Raketentriebwerk der Firma HWK (Hellmuth Walter KG) aus Kiel.
In Braunschweig wurde 1936 die "Deutsche Forschungsanstalt für Luftfahrt" (DFL) gegründet, die sich auch mit der Entwicklung von Raketen- und Staustrahtriebwerken beschäftigen sollte. Bei Trauen in der Lüneburger Heide wurde unter der Leitung von Dr. Eugen Sänger ein Versuchsgelände mit einem 100-t Triebwerksprüfstanden (1000 kN) aufgebaut, es wurden Tests bis 10 kN durchgeführt. Außerdem wurde an Staustrahltriebwerken gearbeitet. Ein SST war auf einem Opel Blitz montiert und damit Brennversuche gemacht. Später wurden SST mit einer Do 17 und einer Do 217 getestet.

 

 
Dornier Do 17Z, Faßberg, 1942
Bausatz: Revell, Staustrahlrohr in Eigenbau, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Udo Roßbach.
 
 
 

Ein Raketentriebwerk von HWK war erstmals im Herbst 1936 an einer Heinkel He 72 auf dem Flugplatz Ahlimbsmühle im Flug getestet worden. Auch an einer Focke-Wulf Fw 56 wurde im Sommer 1937 in Neuhardenberg ein HWK-Triebwerk geflogen.
Durch diese Erfolge ermutigt, wandte sich Ernst Heinkel der Konstruktion eines Flugzeugs speziell für den Antrieb durch Raketen zu. Es entstand die Heinkel He 176. Angetrieben von einem Triebwerk HWK RI-203, startete sie am 20. Juni 1939 in Peenemünde zu ihrem Erstflug. Dies war zugleich der erste Flug eines Flugzeugs, das einzig einen Antrieb durch Flüssigkeitsraketen aufwies.

 
 
 

 
Heinkel He 176, Peenemünde, Juni 1939
Bausatz: Jach, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Peter Horstmann.
 
 
 

Basierend auf seinen schwanzlosen Flugzeugen der Delta-Reihe entwickelte Alexander Lippisch nach seinem Wechsel zu Messerschmitt die DFS 194 mit einem Triebwerk HWK RI-203, auf 3,9 kN Schub reduziert. Heini Dittmar brachte die Maschine im August 1940 erstmals von Peenemünde-Karlshagen aus in die Luft.

 
 

 
DFS 194, Peenemünde, 1940
Bausatz: Pioneer2, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Wolfgang Weinhold.
 
 
 

Die Weiterentwicklung der DFS 194 war die Messerschmitt Me 163A. Der Prototyp Me 163A V4 flog erstmals im Februar 1941 als Segelflugzeug. Nach Einbau eines HWK RII-203 mit 7,4 kN Schub erfolgte der erste Raketenstart am 13.August 1941 in Karlshagen, wieder unter Heini Dittmar. Am 2. Oktober 1941 erreichte Dittmar mit der Maschine erstmals eine Geschwindigkeit von über 1000 km/h.

 

 
Messerschmitt Me 163 A AV-6, EKdo 16, Peenemünde, Juli 1942
Bausatz: Condor, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Peter Horstmann.
Modell der Me 163 A AV-10
 
 
 

Die Serienversion Me 163B war als schnell steigender Objektschutzjäger ausgelegt und das erste Raketenflugzeug im militärischen Einsatz. Als Antrieb diente ein HWK RII-211 mit 14,7 kN Schub. Der Prototyp flog erstmals am 26. Juni 1942 als Gleiter und am 21. Februar 1943 mit Raketenantrieb, noch mit einem RII-203. In der Me 163B V10 wurde ein Triebwerk BMW P-3390A erprobt, das sich jedoch nicht bewährte.

 

 
Messerschmitt Me 163 B, Major Späte, EKdo 16, Bad Zwischenahn, Frühjahr 1944
Bausatz: Heller, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Wolfgang Weinhold.
 
 
 

Die Me 163B war das erste und einzige in Großserie gebaute Raketenflugzeug. Mehr als 360 Stück wurden gebaut, die meisten davon bei Klemm in Böblingen. Ihr Einsatzwert war allerdings begrenzt. Die meisten gingen bei Start- oder Landeunfällen verloren. Gestartet wurde mit Hilfe eines schmalspurigen Radgestells, das nach dem Abheben abgeworfen wurde. Zur Landung gab es eine gefederte Kufe. Nach dem Krieg wurden erbeutete Me 163B in Großbritannien, den USA und der Sowjetunion nachgeflogen, aber nur ohne Antrieb.

 

 
Messerschmitt Me 163 B, Uffz. Kurt Schiebeler, 1./JG 400, Brandis, August 1944
Bausatz: Heller, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Peter Horstmann.
 
 
 

Die Variante Me 163C war mit einem HWK 109-509A-2 Triebwerk mit zwei Brennkammern ausgerüstet. Neben der Hauptbrennkammer mit 16,7 kN Schub für Start und Steigflug gab es noch eine Reisebrennkammer mit 2,9 kN Schub für den sparsamen Marschflug. Drei Prototypen wurden gefertigt und in Oberammergau erprobt.
Die Me 163D war eine Variante mit Fahrgestell. Sie konnte bis Kriegsende aber nicht mehr fertig gestellt werden.
Die Me 163S war eine zweisitzige, antriebslose Schulversion.

 

 
Messerschmitt Me 163 B V-6, Lechfeld, Juni 1944
Bausatz: Heller, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Wolfgang Weinhold.
 
 
 
 

Die Me 263 war ein ursprünglich bei Junkers als Ju 248 entwickelter Nachfolger der Me 163. Mangels Verfügbarkeit der vorgesehenen HWK 109-509C Triebwerke mit 23,5 kN Schub konnten die Prototypen bis Kriegsende nur noch als Gleiter erprobt werden. Nach Erbeutung durch sowjetische Truppen führten diese die Erpobung weiter. Die Ergebnisse flossen in die Entwicklung der Mikojan-Gurewitsch I-270 ein.

 

 
Messerschmitt Me 263 V1, Brandis, 1945
Bausatz: WK models , 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Wolfgang Weinhold.
 
 
 
 

Zwei Messerschmitt Me 262 wurden mit Raketentriebwerken aufgerüstet, um die Start- und Steigleistung zu verbessern. Die Me 262C-1a (V186) erhielt zusätzlich zu den standardmäßigen Jumo 004 ein HWK 109-509S. Am 27. Februar 1945 flog die Maschine zum ersten Mal mit Düsen- und Raketenantrieb. Die Me 262C-2b (V074) war mit zwei BMW 003R TLR-Triebwerken ausgerüstet, die als Kombination eines BMW 003A TL-Triebwerk mit einem BMW 109-718 Raketentriebwerk entstanden waren. Die Maschine flog am 26. März 1945 erstmals mit dem kombinierten Antrieb.
Bei der Bachem Ba 349 "Natter" wurde der Gedanke des kleinen Objektschutzjägers mit dem eines billigen Wegwerf-Flugzeugs kombiniert. Die Holzkonstruktion sollte aus einem Startgestell heraus senkrecht starten. Nach erfolgtem Einsatz sollte das Flugzeug in ein Bug- und Heckteil getrennt werden. Das Heckteil mit dem Triebwerk sollte am Fallschirm zu Boden gehen, genau wie der Pilot. Als Antrieb sollte ein HWK 109-509A-2 sowie vier Schmidding Feststoffraketen dienen. Die ersten Erprobungsflüge fanden als geschleppte Segelflüge in Neuburg/Donau statt. Der erste - noch unbemannte - Raketenstart erfolgte am 22. Dezember 1944 auf dem Heuberg bei Hechingen. Der einzige bemannte Start wurde am 1. März 1945 durchgeführt.

 

 
Bachem Ba 349 Natter, Heuberg bei Stetten, 1945
Bausatz: Heller, 1:72, mehr zum Modell
Das Modell wurde gebaut von Wolfgang Weinhold.
 
 
 
 

Die DFS 228 war der Prototyp eines raketengetriebenen Höhenaufklärers. Von einer Do 217 in die Höhe getragen, sollte er mit Hilfe seines Raketenantriebs auf über 20 km Höhe steigen und seine Mission durchführen. Der Großteil des Flugs wie auch der Rückflug erfolgten dann im Gleitflug. Bis Kriegsende wurde in Ainring noch eine Segelflugerprobung durchgeführt. Angetriebene Flüge kamen nicht mehr zustande.
Zur Erforschung der Phänomene kompressibler Strömungen im schallnahen Bereich, die den schnellen Me 163 und Me 262 zu schaffen machten, wurde das Experimentalflugzeug DFS 346 gebaut. Angetrieben von zwei HWK-Flüssigkeitsraketentriebwerken sollte auch der Durchbruch durch die Schallmauer in Angriff genommen werden. Wie die DFS 228 sollte auch die DFS 346 im Mistelschlepp auf Höhe getragen werden und nach dem Ausklinken mit dem eigenen Antrieb seine Mission durchführen. Gebaut wurde das Flugzeug bei den Siebel-Werken in Halle/Saale. Nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen wurde das Flugzeug in deren Regie als Siebel Si 346 fertiggestellt. Als ab Oktober 1946 alle Sonderkonstruktionsbüros in der sowjetisch besetzten Zone auf sowjetisches Territorium verlagert wurden, wanderte auch die Si 346 nach Podberesje in der Nähe von Moskau. Die Flugerprobung begann 1948 mit Gleitflügen. Ab 1949 kam eine in der UdSSR gelandete Boeing B-29 als Trägerflugzeug zum Einsatz, die später von deren Nachbau Tupolew Tu-4 abgelöst wurde. Ab August 1951 fanden Versuchsflüge mit einem sowjetisierten Walter-Raketentriebwerk statt. Ergebnisse der Erprobung wurden durch die Sowjets bisher nicht veröffentlicht. Ob die DFS 346 die Schallmauer tatsächlich durchbrochen hat, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall wäre dies aber nach der amerikanischen Bell X-1 gewesen, die interessanterweise auch von einer B-29 auf Höhe getragen wurde, um dann ihre Versuchsflüge mit eigenem Antrieb durchzuführen.

 
 
Grundplatten für alle Modelle gebaut von Günter Braun.
 
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Letzte Änderung: 12. Juli 2009
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