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Ernst Heinrich Heinkel wird am 24. Januar 1888 als zweiter Sohn des Flaschnermeisters Karl Heinkel und dessen
Frau Katharine in Grunbach im Königreich Württemberg geboren. Am 3. Juli 1906
erhält er von der Realanstalt Cannstatt das Zeugnis der Reife mit der Durchschnittsnote gut. Nach Praktika
in der Maschinen-Fabrik Grotz und der Gießerei Kuhn beginnt Heinkel 1907 mit dem Studium des
Maschinenbaus an der Königlichen Technischen Hochschule Stuttgart. Am 17. Oktober 1908 erhält
er das Zeugnis über die mathematisch-naturwissenschaftliche Vorprüfung für Kandidaten des
Maschineningenieurfachs.
Der Unfall des Luftschiffs LZ 4 bei Echterdingen im August 1908 wird zu einem Wendepunkt in Heinkels
Leben. Er beschließt, sich dem Bau von Flugmaschinen schwerer als Luft zuzuwenden. Heinkel hört
Vorlesungen über Flugzeugbau von Prof. Alexander Baumann an der Technischen Hochschule Stuttgart, studiert
in- und ausländische Zeitschriften und besucht im Oktober 1909 die Internationale
Luftschiffahrt-Ausstellung in Frankfurt am Main.
1910, noch während der Studienzeit, beginnt Ernst Heinkel mit der Entwicklung und dem Bau eines
Doppeldeckers Typ Farman. Die Maschine wird von einem 50 PS Vierzylinder-Motor angetrieben, den Daimler
leihweise zur Verfügung stellt. Montiert wird das Flugzeug in einer Halle auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart,
einer Wiesenfläche am Neckar, die bis 1925 als Flugfeld genutzt wird. Seinen ersten Flug absolviert Heinkel am
12. Mai 1911: Auf einer Flugveranstaltung auf dem Cannstatter Wasen fliegt er als Passagier in der Rumpler
Taube von Hellmuth Hirth.
Mit seinem eigenen Doppeldecker startet Heinkel zwei Monate später, am 9. Juli 1911, zum Erstflug. Aber nur
zehn Tage später, nach mehreren erfolgreichen Flügen, stürzt er mit seinem Doppeldecker ab und erleidet
schwere Verletzungen. Fünf Wochen später aus dem Krankenhaus entlassen beschließt der hoch verschuldete
Heinkel, sein Studium aufzugeben und eine Stelle als Konstrukteur in einem Flugzeugwerk zu suchen. Am 1. Oktober 1911
beginnt er als Konstrukteur bei der Luft-Verkehrs-Gesellschaft (LVG) in Berlin-Johannisthal.
Von dort wechselt Heinkel im Dezember 1912 zur ebenfalls in Berlin-Johannisthal ansässigen Albatros-Werke GmbH,
wo er bis Juni 1913 als Abteilungsingenieur im Konstruktionsbüro und bis Mai 1914 als Chefkonstrukteur
tätig ist. Zu den Flugzeugen, die unter Heinkels Mitwirkung entstehen, zählen der Militärdoppeldecker
Albatros B.I und zwei Schwimmer-Eindecker, mit denen Hellmuth Hirth und Hans Vollmoeller große Erfolge beim
Bodensee-Wasserflugwettbewerb im Sommer 1913 erzielen.
Im Mai 1914 wird Heinkel Chefkonstrukteur der Anfang des Jahres von Igo Etrich gegründeten Brandenburgischen
Flugzeugwerke GmbH. In Liebau (Schlesien), wo das Konstruktionsbüro bis zur Eröffnung der Werksanlagen in
Briest an der Havel Ende Juni 1914 untergebracht ist, beginnen die Konstruktionsarbeiten für einen
Aufklärungsdoppeldecker und den Schwimmerdoppeldecker Typ W.
Als der österreichische Unternehmer Camillo Castiglioni im September 1915 die Hansa-Flugzeugwerke und die
Brandenburgischen Flugzeugwerke zur Hansa- und Brandenburgischen Flugzeugwerke AG (kurz: Hansa-Brandenburg) zusammenlegt,
wird Heinkel Technischer Direktor und Chefkonstrukteur, auch der von Castiglioni kontrollierten Firmen in
Österreich-Ungarn (Phönix, UFAG). Unter Heinkel entstehen rund 40 Land- und Seeflugzeugmodelle, die vor allem bei
der deutschen Marine und den k.u.k.-Luftstreitkräften zum Einsatz kommen. Zu den erfolgreichsten Mustern gehören
die Mehrzweckdoppeldecker B.I (1914) und C.I (1916), das Jagdflugboot CC (1917), der zweisitzige
Seekampfdoppeldecker W 12 (1917) sowie der Seekampfeindecker W 29 (1918).
Für seine Verdienste im Seeflugzeugbau erhält Heinkel noch kurz vor Kriegsende, am 30. Oktober 1918,
das Eiserne Kreuz II. Klasse am weiß-schwarzen Band.
Nach Kriegsende wird Hansa-Brandenburg geschlossen. Heinkel kehrt nach Württemberg zurück, erwirbt ein Haus mit
Weinberg in Korb im Remstal und eröffnet in seinem Heimatort Grunbach eine kleine Fabrik, die Elektroartikel herstellt
und ehemalige Militärfahrzeuge für eine zivile Verwendung umrüstet.
Noch bevor der Flugzeugbau in Deutschland von den Alliierten wieder erlaubt wird, geht Heinkel 1921 wieder in den
Flugzeugbau: Für die Caspar-Werke konstruiert er den für die schwedische Marine bestimmten und aus der
Hansa-Brandenburg W 29 entwickelten Seeaufklärer S.I. Heinkel verkauft Haus und Fabrik in Württemberg und
zieht nach Travemünde.
1922 konstruiert er bei den Caspar-Werken ein Bordflugzeug für U-Boote, das zerlegt in einem wasserdichten
Container mitgeführt und unter der Bezeichnung U.1 in zwei Exemplaren an die U.S. Navy geliefert wird. Einem
eingespielten Vierer-Team ist es möglich, das Flugzeug in weniger als einer Minute auf- bzw. abzurüsten. Bei der
zur Ablösung bestimmten amerikanischen Eigenentwicklung Martin MS-1 dauert dieser Vorgang später vier Stunden!
Weitere zwei leicht abgeänderte U.2 werden an die japanische Marine verkauft.
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